Medicane über Sardinien?

Regen am Mittelmeer
Starke Regenfälle begleiten ein ungewöhnlich starkes Tiefdruck-Gebiet über dem westlichen Mittelmeer

Das Wetter im Mittelmeer spielt verrückt: Erstmals in der Geschichte stufte die US-Wetterbehörde NOAA ein Tiefdruckgebiet über Sardinien und Korsika im Mittelmeer als tropischen Sturm 01M. So etwas gab es sonst nur auf den großen Ozeanen. Bilder der Sateliten zeigten die kreisenden Gewitterwolken über Sardinien mit einem Durchmesser von rund 500 Kilometern. Dieses Tiefdruckgebiet in der ersten Novemberwoche 2011 war Ursache für den starken Regen in Ligurien und der Cote D’Azur. Was das Wetterbild über Sardinien enthüllt gleicht den Vorläufern der großen Wirbelstürmen in der Karibik – und hat auch schon einen eigenen Namen: Solche Wetterphänomene nennt man Medicane. Ob sich das westliche Mittelmeer jetzt häufiger auf ein solches Wetterphänomen einstellen muss, ist umstritten.

Oktober und November: Regenzeit im Mittelmeer

Ein tropischer Sturm selbst braucht Windgeschwindigkeiten von 100 Stundenkilometer. Solche Windgeschwindigkeiten wurden nun erstmals im Mittelmeer von den Wetterdiensten gemessen – weshalb US-Wetterbehörde NOAA das Tiefdruckgebiet als über Sardinien als Tropischer Sturm bezeichnete. Damit ein tropischer Sturm zu einem Hurrikan wird, müssen Windgeschwindigkeiten von über 115 Stundenkilometern gemessen werden. So stark waren die Winde dann zum Glück doch nicht. Wahrscheinlich war das starke Tiefdruckgebiet ein „Ausreißer“ nach oben – denn auch starke Tiefdruckgebiete sind für diese Mittelmeerregion nichts Besonderes. Warmes Mittelmeerwasser an den Küsten von Spanien bis in den Golf von Genua sorgt oft im Oktober und November für ein großes Tiefdruckgebiet mit starken Regenfällen auf dem Festland. Immer wieder haben die Küstenregionen von Spanien über Frankreich bis Italien zu diesen Zeiten mit Überschwemmungen zu kämpfen. Das sich daraus ein Tropischer Sturm entwickelt, ist zwar Ungewöhnlich, aber noch nicht dramatisch. Das Risiko, das sich nun häufiger „Medicanes“ über Sardinien entwickeln, ist zumindest für die nächsten Jahre sehr gering.

Medicane

Trotzdem gibt es bereits einen Namen für derartige Wetterphänomene: Medicane. Nicht ganz richtig – denn ein Medicane wäre ein Hurrikan im Mittelmeer – und dieser Sturm war „nur“ ein tropischer Sturm. Das Wort „Medicane“ ist zusammengesetzt aus „Mediterranean“ und Hurrikan. Der Tropische Sturm über Sardinien war diesmal noch kein Medicane.

Klimawandel kann Situation verändern

Bereits 2007 hatte das Max-Plank-Institut allerdings mögliche Stürme im Hurricanformat für das Mittelmeer angedeutet. Klimamodelle, die versuchen, die Auswirkungen des Klimawandels zu errechnen, sahen nach dieser Studie Veränderungen in den Wetterbedingungen im Mittelmeer für Ende dieses Jahrhunderts als möglich an. Anfang 2011 werteten die Wissenschaftler des Max-Plank Instituts weitere Klimamodelle aus – auch dort wurde erklärt, das der Klimawandel die Gefahr erhöhe, das sich “Medicane“ über dem Mittelmeer Hurrikan bilden könnten. Allerdings sieht keine der Studien einen kurzfristigen Klimawandel für die nächsten Jahre vor – hochgerechnet werden die Auswirkungen verfehlter Klimapolitik auf die nächsten 100 Jahre.

Oktober und November gehören nicht zu den bevorzugten Reisezeiten für die Mittelmeer-Inseln wie Korsika oder Sardinien. Die Sonneninseln bieten in diesen Monaten genau das nicht, wofür sie beliebt sind: Schönes Wetter.

ML

Foto: Markus Lenk

Datum: 10.11.2011

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